Fachsprache und Sprachpolitik in der europarechtlichen Sattelzeit

Promotionsvorhaben

Supranationalität - Rechtsordnung - Rechtsgemeinschaft

Europarechtliche Sprache ist wortreich, kompliziert und ungenau. Wie kam es dazu und könnte es besser sein?

Als Politiker Ende der 1950er Jahre politisch über die Finalität der europäischen Gemeinschaft stritten, setzten sich auch Juristen intensiv mit europarechtlicher Fachsprache auseinander. Ausdrücke wie Supranationalität, Staatenbund oder Bundesstaat galten als nationalstaatlich geprägt und polarisierend. Es bedurfte sprachlicher Innovationen sowie eigener europarechtlicher Sprachregeln und Bildsprache.

Somit ereignete sich ein tiefgreifender Sprachwandel, eine Sattelzeit, die bis heute prägt, wie wir uns über das Verhältnis von nationalem und europäischen Recht verständigen. Eine Reihe schwieriger Unterscheidungen haben sich in dieser Sattelzeit durchgesetzt, beispielsweise ob es sich beim Europarecht und nationalem Recht um eine, zwei oder mehrere Rechtsordnungen handelt, ob das Europarecht eine eigene Rechtsquelle hat, durch Gesamtakt geschaffen wurde oder eine Rechtsgemeinschaft ist. Diese Kriterien klingen theoretisch, halten aber einer genaueren Analyse nicht stand. Sie haben europarechtliche Fachsprache nicht nur unübersichtlicher gemacht, sondern mutmaßlich auch politischer. Wer wird sagen können, was ein Wort wie „Rechtsordnung“ bedeutet oder welcher Verband eine „Rechtsgemeinschaft“ ist und welcher nicht mehr?

Die Untersuchung ordnet den Wortschatz des öffentlichen Europarechts, verfolgt seinen historischen Wandel und übt Kritik an europarechtlicher Sprache, Metaphorik und Theorie. Was ist das Ziel? Das europarechtliche Denken von den Verhexungen unserer Sprache zu befreien.

 

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