Was ist ein juristischer Autor?

Juristen schreiben Schriftsätze, kommentieren Paragraphen, setzen Verträge auf und stellen Bescheide aus, fassen Urteile und entwickeln Gesetzesentwürfe. Kaum ein anderer Berufsstand definiert sich so sehr über die Arbeit an und die Produktion von Texten, die ihrerseits wie kaum ein anderes Medienformat unmittelbar wirkmächtig werden können. Juristen sind insofern eben nicht nur Ausleger des Rechts, sondern auch seine Verfasser, Schreiber und Schöpfer – aber sind sie damit auch Autoren? Zumindest die deutsche Rechtswissenschaft scheint jedenfalls nur wenig Aufmerksamkeit für die Produzenten ihrer Texte übrig zu haben: Die juristische Disziplin verfügt - auch im Gegensatz zu sozial- und geisteswissenschaftlichen Fächern - über einen Kanon, der augenscheinlich nicht auf seine Autoren angewiesen ist, sondern sich ihre dogmatischen Innovationen durch die Aggregierung zu „herrschenden” und „abweichenden” Meinungen in Aufsatzfußnoten, Kommentaren und Ausbildungsliteratur einverleibt. Umso bemerkenswerter ist es, dass die Frage nach den Produzenten juristischen Wissens in den letzten Jahren aus verschiedenen Richtungen, wie etwa durch neue Publikationsformate, Umbenennung von Kommentarliteratur oder Kontroversen zur Zusammenstellung von Sammelbänden, ins Zentrum der fachpolitischen Auseinandersetzung gerückt ist.

Der interdisziplinäre Workshop „Was ist ein juristischer Autor?“ soll sich dieser neuen Aufmerksamkeit explorativ durch die Perspektiven der Rechtswissenschaft, Soziologie und Literaturwissenschaft widmen.
Für die Teilnahme ist eine Anmeldung bei oestmann@lhlt.mpg.de erforderlich.