Vom gleichen Schreibtisch...

20. April 2023

Verschiedene Faktoren lassen die Feststellung zu, dass zwischen Deutschem Verwaltungsrecht und historischem Kolonialrecht eine Verbindung besteht. Ihre Entwicklung ist zeitlich ähnlich, der zu regelnde Gegenstand unterscheidet sich nur in geographischen Details und die Lösungskonzepte stammen in vielen Fällen aus derselben Feder und vom selben Schreibtisch.

Der Untersuchung dieser Parallelität widmet sich Gwinyai Machona, der an der Summer Academy for Legal History 2022 am Max-Planck-Institut für Rechtsgeschichte und Rechtstheorie teilnahm und derzeit als Inhaber eines Helmut-Coing-Stipendiums einen Forschungsaufenthalt am Institut absolviert.

Ausgehend von den beobachteten Ähnlichkeiten untersucht Gwinyai Machona das Verhältnis von Kolonialrecht und deutschem Verwaltungsrecht. Er möchte sich damit einem Thema der rechtshistorischen Forschung nähern, das trotz der angedeuteten Evidenz unterbelichtet und bisher wenig erforscht ist. In diesem Sinne stellt sich neben der Frage nach dem Verhältnis der beiden Rechtsgebiete zueinander auch die Frage nach dem Verhältnis von rechtstheoretischen Argumenten und historischen kolonialrechtlichen Zusammenhängen.

Trotz personeller, konzeptioneller und raum-zeitlicher Gemeinsamkeiten bei der Entstehung der beiden Rechtsgebiete, unterscheiden sich die verfolgten Ziele und Narrative. Während die Entstehung des Verwaltungsrechts als liberales Projekt zur Herausbildung eines modernen Rechtsstaats gesehen wird, aus dem die Individuen gestärkt hervorgehen, diente das Kolonialrecht der Aufrechterhaltung einer Fassade und der Legitimierung von Ausbeutungs- und Unterwerfungsverhältnissen. Diesen auf den ersten Blick widersprüchlichen Zusammenhang will Gwinyai Machona entschärfen, aber nicht aufheben.

Immer wieder begegneten Wissenschaftler*innen Machonas Projekt mit Skepsis. Sie vermuten hinter der Arbeit ein ein Maß an normativen Vorannahmen, das sie die Wissenschaftlichkeit der Forschungsfrage in Abrede stellen lässt. Diese Zweifel lassen sich laut Machona in den allermeisten Fällen in der Diskussion durch das Aufzeigen historischer Fakten ausräumen. Gleichzeitig bestätigen die Einwände Machonas Interesse an einer Reflexion von Zusammenhängen, denen sich aus Unkenntnis und zum Schutz der Disziplin sonst zu leicht mit instinktiver Ablehnung entgegengestellt wird.

Gwinyai Machona studierte Rechtswissenschaften am Kings College London und an der Humboldt-Universität zu Berlin, wo er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Rechtsvergleichung von Professor Dann tätig ist. Außerdem absolvierte ein Teilzeitstudium in Historical Studies an der Universität Oxford.

 

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