Regulierte Selbstregulierung ist staatlich gesteuerte und staatlich in Dienst genommene gesellschaftliche Selbstorganisation. Über diesen Modus kollektiver Gestaltung sozialer Beziehungen werden nicht nur staatliche Gemeinwohlvorstellungen durchgesetzt, zugleich dient er auch der Entlastung privater Akteure und erlöst sie von Koordinationsproblemen, die sich nicht mit zivilgesellschaftlichen Instrumentarien lösen lassen. Jedoch steht regulierte Selbstregulierung nicht nur für ein Verhältnis beiderseitig vorteilhafter Kooperation, sondern auch für ein Spannungsverhältnis. Stets ringen Konzeptionen normativer Ordnung miteinander, die die Verteilung von Gestaltungsbefugnissen zwischen „Staat“ und „Gesellschaft“ betreffen.
Vor allem die Wissenschaft des öffentlichen Rechts hat dieses Phänomen staatlich-privater Koordination in jüngerer Zeit aufmerksam registriert und die damit verbundenen rechtlichen Probleme in Überlegungen zur Fortentwicklung der Rechtsdogmatik integriert. Jedoch ist regulierte Selbstregulierung nicht lediglich eine Gegenwartserscheinung. Mannigfaltige Formen der Verflechtung staatlicher Zwecksetzungen mit organisierten gesellschaftlichen Interessen lassen sich – auch in ihren rechtlichen Konturierungen – historisch beobachten. Hier setzt das Erkenntnisinteresse der Rechtsgeschichte an, die allerdings gerade auf diesem Themenfeld auf den Dialog mit anderen geschichtswissenschaftlichen Disziplinen, vor allem mit der Verwaltungsgeschichte, der Wirtschaftsgeschichte und der Geschichte der Sozialpolitik, angewiesen ist.
Das Projekt „Regulierte Selbstregulierung in rechtshistorischer Perspektive“ untersucht die Entwicklung dieser Phänomene im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Der Schwerpunkt liegt auf der Analyse der Herausbildung rechtlicher Arrangements und der Debatten in Wissenschaft und Politik, die sowohl die Entstehung neuer als auch die Modifikation alter normativer Strukturen begleiteten.
Jüngere Publikationen
1.
Peter Collin, "Regulierte Selbstregulierung in rechtshistorischer Perspektive: Studien und Materialien", in Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series [subsidia et instrumenta], (2018), Vol. 2018-05, pp. 768.
Peter Collin, "Privat-staatliche Regelungsstrukturen im frühen Industrie- und Sozialstaat", in Methodica - Einführungen in die rechtshistorische Forschung, (2016), Vol. 2, pp. XIV, 209.
Peter Collin (ed), "Justice without the State within the State: Judicial Self-Regulation in the Past and Present", in Moderne Regulierungsregime, (2016), Vol. 5, pp. IX, 373.